Die Zukunft der Bauindustrie

Obwohl die Bauindustrie nach wie vor der größte Industriezweig der Weltwirtschaft ist, ist das jährliche Produktivitätswachstum relativ stagnierend. Die Rentabilität ist niedrig, mit einer EBIT-Marge von etwa 3 bis 5%. Es wird angenommen, dass sechs von zehn großen Bauprojekten ihre festgelegten Kosten- und Terminziele nicht einhalten können.

Der Hochbausektor wird nach wie vor selten als innovativ in Bezug auf verwendete Materialien, die Digitalisierung und Automatisierung von Bauverfahren und -prozessen wahrgenommen. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Jedes Gebäude ist einzigartig, und die Bauprojekte sowie Baustellen werden immer komplexer. Die Bauunternehmen sind mit umfangreichen Vorschriften konfrontiert. Verträge zwischen Auftraggebern, Auftragnehmern und Subunternehmern sind nicht angemessen aufeinander abgestimmt und beeinträchtigen die Zusammenarbeit. Risiken werden oft auf andere in der Lieferkette abgewälzt. Eine ineffiziente Planung, eingeschränkte Standardisierung von Prozessen und Organisationen sowie ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften haben ebenfalls negative Auswirkungen. Darüber hinaus verlangsamt die anhaltend niedrige Produktivität Investitionen in Technologie und Digitalisierung.

Doch das Marktumfeld ändert sich, und die Technologie schreitet voran, was Auftragnehmer und Kunden dazu ermutigt, Arbeitsmethoden, Prozesse, Werkzeuge und Baumaterialien neu zu überdenken, um produktiver zu werden und auch den Aspekt der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen.

Trends, die die Bauindustrie beeinflussen

Nachhaltigkeit

Dies ist einer der wichtigsten Trends in der Bauindustrie weltweit geworden. Nachhaltigkeitsvorschriften entwickeln sich ständig weiter und richten sich an verschiedene Bereiche der Bauindustrie. Bauunternehmen analysieren sich selbst, um neue Vorschriften zu erfüllen, von Arbeitsabläufen bis hin zu Materialien. Neue Vorschriften zielen auf den Betrieb von Gebäuden und Infrastrukturen: die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und des Abfalls in Fabriken und Büros bis hin zu Wasserverunreinigungen bei Bauprojekten und der Luftqualität in geschlossenen Räumen. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Lieferkette, die analysiert werden muss, um sicherzustellen, dass alle Zulieferer bestimmte Standards einhalten und die Umwelt nicht verschmutzen. Die Renovierung von Gebäuden und Infrastrukturen bei Wiederverwendung von Materialien ist ein weiterer Aspekt, der sich positiv auf die Umwelt auswirken kann. Die Verfügbarkeit neuer Materialien und Technologien kann sogar noch mehr zur Erreichung von Nachhaltigkeits-, aber auch von Produktivitätszielen beitragen. Ein Aspekt ist jedoch zentraler Bedeutung: Das Bewusstsein für unseren ökologischen Fußabdruck und die Umsetzung von Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft müssen ein gemeinsames Thema sein, das in Unternehmen, Organisationen, Projekten und Wertschöpfungsketten gelebt wird, um einen echten Unterschied zu bewirken.

Automatisierung

Da Gebäude hinsichtlich der eingesetzten Formen und Materialien immer komplexer werden, steht die Bauindustrie unter Druck, die Termin- und Budgetziele einzuhalten. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist die Einführung neuer Technologien und Prozesse, die es den Arbeitern vor Ort ermöglichen, bestimmte Aufgaben zu automatisieren, wo dies möglich ist. Es gibt bereits Roboter, die so programmiert werden können, dass sie bestimmte Bereiche autonom patrouillieren und Scans erstellen, die direkt in die Cloud hochgeladen werden. Zum Beispiel kann Avvir, eine Cloud-Lösung, die Künstliche Intelligenz (KI) nutzt, Probleme automatisch analysieren und hervorheben. Die Ergebnisse sind für alle anderen Teams sichtbar und interpretierbar, so dass die neuesten Daten als Grundlage für Entscheidungen dienen. Dadurch können Probleme frühzeitig erkannt und sofortige Massnahmen ergriffen werden, um Kosten und Zeit zu sparen sowie den Abfall zu reduzieren. Mit neuen Technologien und zunehmender Automatisierung verändern sich die Rollen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben von Bauexperten. Die Erfassung, As-Built-Verifikation und Dateninterpretation werden einfacher, weniger Mitarbeiter werden benötigt, um sie abzuschließen, und können stattdessen für andere Projekte und Aufgaben eingesetzt werden. Diese Verlagerung ermöglicht es Bauarbeitern, enger mit neuen Technologien zusammenzuarbeiten, indem sie sie steuern, überwachen und warten. Sie müssen auch nicht mehr gefährliche Bereiche betreten, da solche Technologien diese Aufgabe erfüllen können.

Zusammenarbeit

Daten für und von Baustellen befinden sich häufig in Datensilos und werden nicht regelmäßig aktualisiert oder mit den anderen Teams geteilt. Obwohl während des gesamten Bauprozesses viele Daten generiert werden, werden sie oft nicht digitalisiert, von den beteiligten Parteien geteilt oder genutzt. Laut einer Studie von FMI werden 96 Prozent der erstellten Daten nicht genutzt, was zeigt, dass die Zusammenarbeit stark eingeschränkt ist. In einem Bericht von BSTGlobal aus dem Jahr 2019 gaben neunzig Prozent der Projektmanager an, dass sie Status-Updates von ihren Teammitgliedern manuell einholen müssen. Sie betonen, was getan werden muss, um die neuesten Überarbeitungen zu erhalten, und dass der Status quo auf Dauer nicht machbar ist. Nur wenige Teammitglieder arbeiten mit den neuesten Plänen und die anderen können die zuvor vorgenommenen Änderungen nicht sehen, was zu Problemen führen kann, die später während des Baus auftreten. Ein Silberstreif am Horizont ist, dass immer mehr Unternehmen in die Digitalisierung ihrer Daten und Arbeitsabläufe investieren, da sie erkennen, dass dadurch die Effizienz und Produktivität gesteigert und Kosten gesenkt werden. Dadurch verbessert sich die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien, und die Transparenz wird durch die sofort verfügbaren Daten erhöht.

Effizienz/Produktivität

Alle oben genannten Trends haben Effizienz- und Produktivitätsprobleme gemeinsam, die durch Investitionen in neue Technologien und Methoden angegangen und gelöst werden müssen. Integrierte Hardware- und Softwarelösungen, die einfach zu bedienen sind, verbessern die Koordination sowie Arbeitsabläufe während sie gleichzeitig die Kosten reduzieren. Eine weitere Herausforderung besteht darin, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, was eine Kompensation durch vereinfachte digitale Interaktionen erforderlich macht. Die heutigen Technologien entwickeln sich weiter, wodurch sie mit grundlegendem Training genutzt werden können. In der Zukunft wird die Effizienz und Produktivität stetig zunehmen, da die Technologien immer ausgefeilter werden und nur noch wenig Interaktion mit Menschen erfordern.

Eine Investition für einen wirklich kollaborativen Bauprozess

Während des gesamten Bauprozesses, von der Planung bis zur Wartung, stehen Technologien zur Verbesserung der Konnektivität und Effizienz zur Verfügung. Während der Planungsphase kann ein Scan-to-BIM-Workflow mit einem 3D-Laserscanner helfen, die aktuelle Situation zu bestimmen. In Kombination mit der mobilen Leica Cyclone FIELD 360 App kann die erfasste Punktewolke vor Ort vorregistriert und angezeigt werden, um zu überprüfen, dass alles korrekt gescannt wurde, um die finalen Ergebnisse zu erstellen. Alle generierten Daten können dann einfach mit dem Büro geteilt werden, um sie mit Leica Cyclone REGISTER 360 PLUS und den gängigsten Designsoftware-Programmen wie Autodesk, Revit oder BricsCAD, die KI für die Klassifizierung von Punktewolken nutzen, weiter zu verarbeiten. Sobald das Büro seine Aufgabe abgeschlossen und einen Plan oder ein Modell erstellt hat, kann es in eine integrierte Cloud-Lösung wie Bricsys 24/7, eine gemeinsame Datenumgebung (Common Data Environment, CDE), hochgeladen werden.

Das Teilen von Daten aus dem Büro mit den Arbeitern vor Ort ist mit den richtigen digitalen Werkzeugen, z. B. die digitale Absteckung, einfacher geworden. Teams können die Absteckdaten in ihrer bevorzugten Designsoftware im Büro vorbereiten und für die Crews vor Ort in der integrierten Cloud-Lösung der Feldsoftware zugänglich machen, mit Tools wie Leica iCON iCR70 mit der Leica iCON build Software. Um kostspielige Nacharbeiten am Ende eines Projekts zu vermeiden, sind diese Tools sehr nützlich für die As-Built Verifikationen. Denn es ist entscheidend, Probleme zu identifizieren, wenn sie während des Bauprozesses auftreten, um sie zu beheben, bevor es noch teurer wird.

Die Softwarelösung Leica Cyclone 3DR bietet VDC (Virtual Design Construction)-Teams umfangreiche Möglichkeiten, Punktwolken für die Erstellung von As-Built Modellen, Fortschrittsüberwachung und Verifikationen im Büro zu nutzen, um sicherzustellen, dass alles gemäss Plan oder Modell durchgeführt wird und auf dem neuesten Stand bleibt.

Am Ende des Projekts können die Daten für eine digitale Übergabe, Wartung und Betrieb des Gebäudes an den Eigentümer geschickt werden.

Es gibt verschiedene andere Optionen für Lösungen zur Überwachung des Baufortschritts, die die Beteiligten kontinuierlich auf dem Laufenden halten, von Foto- und Videodokumentationsdiensten mit Multivista, die auf einer proprietären Softwareplattform von einem professionellen Team bereitgestellt werden, bis hin zu Lösungen von OxBlue mit seinen Live-Streaming-Baukameras. Mit einem autonomen Laserscanning-Modul, das für Roboterträger entwickelt wurde, wie dem Leica BLK ARC, haben Bauarbeiter die Möglichkeit, vorhandene Daten zu nutzen, um Missionspfade basierend auf vorhandenen Zeichnungen oder BIM-Modellen in anspruchsvollen und komplexen Umgebungen festzulegen. Dies spart Zeit und Geld, weil weniger menschliche Eingriffe erforderlich sind und dadurch die Sicherheit der Bauarbeiter drastisch erhöht wird. Sobald die autonome Scanning-Mission abgeschlossen ist, stehen die erfassten 3D-Daten für die weitere Verarbeitung und Visualisierung bereit, indem sie auf Leica Cyclone oder direkt vom Feld auf HxDR hochgeladen werden. Dies ermöglicht es den Bauarbeitern, potenzielle strukturelle Reparaturen zu visualisieren und fundierte Entscheidungen für zukünftige Renovierungen zu treffen.

Um die Digitalisierung im Bauwesen weiter voranzutreiben, sind neue Methoden und Prozesse zur Verwaltung von Informationen und zur effektiven Zusammenarbeit erforderlich. Die Definition von Standards und Anwendungsfällen wird dies beschleunigen. Gremien und Initiativen für Building Information Modelling (BIM) wie buildingSMART, Open Design Alliance (ODA), OGC oder lokale Initiativen wie openBIM treiben die weitere Definition und Nutzung offener BIM-Standards für Bauprojekte voran. Um die Nutzung von BIM zu unterstützen und zu fördern, wenden Lösungsanbieter wie Hexagon diese Standards auf ihre Lösungen an, helfen aber auch dabei, den Markt in der Annahme und Nutzung neuer Methoden und Lösungen zu schulen. Obwohl Unternehmen gemäß BIM arbeiten, nutzen nicht alle dieselben Softwareprogramme oder Datenformate, sodass sie mit zeitaufwändigen Import- und Export-Workflows konfrontiert sind und das Risiko besteht, Informationen zu verlieren. Für einen nahtlosen interoperablen Bauprozess ist ein standardisiertes Datenformat erforderlich, das von allen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens verwendet und damit gearbeitet werden kann.

Die Notwendigkeit, die Bauindustrie zu digitalisieren

Durch einen vernetzten und automatisierten digitalen Arbeitsablauf und unterstützende Technologien können präzise Daten gesammelt, analysiert und mit den Beteiligten geteilt werden, die während des gesamten Bauprozesses einfach darauf zugreifen können, ohne physische Informationen zu benötigen. Immer mehr Bauunternehmen investieren und richten Abteilungen für VDC und Innovationstechnologie in ihren Unternehmen ein. Sie konzentrieren sich auf die Digitalisierung von Prozessen, die Nutzung neuer Technologien und den Aufbau von Partnerschaften mit branchenrelevanten Herstellern, um Produkte, Materialien und Methoden zu erforschen und zu entwickeln, um die Abfälle und Fehler im gesamten Bauprozess reduzieren.

Diese Entwicklungen werden erhebliche Auswirkungen auf die Bauindustrie haben, da sie effizienter, produktiver und nachhaltiger wird. Die Einführung digitaler Arbeitsabläufe und neuer Technologien erfordert Zeit und Investitionen, wird sich jedoch langfristig für Bauunternehmen auszahlen, um wettbewerbsfähig und attraktiv als Arbeitgeber zu bleiben, da sich Erwartungen und Anforderungen in den kommenden Jahren ändern werden. Die Bereitschaft, sich zu verändern und neue Technologien zu übernehmen, wird ein wesentlicher Faktor für das Überleben und den Erfolg von Bauunternehmen sein. In Verbindung mit der Entwicklung neuer Technologien und Materialien könnten die nächsten Jahre sehr spannend für die Bauindustrie werden.

 

 

 

Romy Maunz
Business Director, Building Field Portfolio
Hexagon

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